Lisa
Irland | Cork
Dia duit! („Hallo!“),
ich heiße Lisa und bin seit September Au Pair in Irland. Ich würde Dir in diesem Text gerne etwas über diese Zeit, die Arbeit, das Leben als Au Pair erzählen.
Vorneweg möchte ich sagen, dass ich es nur jedem empfehlen kann, der gerne mit Kindern arbeitet. Egal ob nach der Schule, als Pause von der Uni oder auch nach der Uni oder Ausbildung. Es ist eine Erfahrung, die man nirgendwo anders und in keiner anderen Situation machen kann. Man lernt fürs Leben und kann nebenbei noch ein anderes Land mit seiner Sprache erkunden und kennenlernen. Außerdem wird man Teil einer Familie, mit der man im besten Fall noch ein Leben lang Kontakt hat.
Ich wohne bei einer Familie, die aus den Eltern, Alice und Mick, ihren Kindern, Tom (10 Jahre) und Lucy (8 Jahre) und der Hündin Holly besteht. Wir wohnen in einem großen Haus auf dem Land im County Cork.
Mein Alltag als Au Pair
Während der Woche, wenn die Kinder zur Schule gehen, arbeite ich von sieben Uhr morgens bis neun und dann von drei Uhr bis die Eltern nach Hause kommen (ca. fünf Uhr). Morgens räume ich zuerst die Küche auf, mache den Kindern Frühstück und ihre Lunchboxen und kümmere mich darum, dass sie sich für die Schule fertig machen. Während dieser Zeit verlässt meine Gastmama das Haus und fährt zur Arbeit (sie ist Grundschullehrerin). Um zwanzig vor neun bringt mein Gastpapa die Kinder zum Bus und fährt selbst ins Büro. Ich sauge dann die untere Etage (an zwei Tagen in der Woche putze ich sie auch) und kümmere mich um die Wäsche, die ich für die ganze Familie erledige. Wenn diese Arbeiten alle gemacht sind, habe ich Freizeit bis die Kinder um drei Uhr wieder aus der Schule kommen.
Manchmal treffe ich mich mit Freunden, gehe spazieren, backe, lese, bin kreativ etc. Nach der Schule wechseln die Kinder ihre Kleidung (von Schuluniform zu Freizeitkleidung) damit ich sie waschen kann und ich spüle ihre Lunchboxen aus. Nach einem kleinen Snack werden die Hausaufgaben erledigt und dann gehört die Zeit ihnen. Sie beschäftigen sich oft selbst, aber sie genießen es auch, wenn wir zu dritt etwas machen. Einmal in der Woche habe ich mit Lucy Backtag (auf ihren Wunsch hin!). Ab fünf Uhr dürfen die Kinder fernsehen. In der Zeit bereite ich dann einiges fürs Abendessen vor, wie zum Beispiel Gemüse schneiden, Salat machen etc., das eigentliche Dinner kocht dann meine Gastmama.
Au Pair in Corona-Zeiten
Während des Lockdowns war unser Alltag natürlich ganz anders. Die Kinder hatten Homeschooling und auch meine Gastmama war Zuhause. Wir haben uns die Arbeit etwas aufgeteilt: Wir haben je ein Kind zum Homeschooling übernommen. Ich habe morgens ganz normal meine Aufgaben erledigt und nachmittags haben wir meistens spontan entschieden, wer was macht. Es war nicht so einfach, besonders für die Kinder, weil sie sich ständig mit sich selbst beschäftigen mussten und ihre Freunde nicht sehen konnten. Aber sie haben tapfer durchgehalten und als Au Pair habe ich mir auch mal das Ein oder Andere für die Kinder überlegt, damit sie ein bisschen Abwechslung haben. Wir haben viel gebastelt und gebacken und natürlich sind wir auch sehr oft spazieren gegangen.
Für mich als Au Pair war die Zeit auch nochmal eine ganz neue Herausforderung, denn eigentlich hatte ich meine geregelten Arbeitszeiten morgens und nachmittags, aber nun war die ganze Familie zu Hause. Ich gebe zu, am Anfang hatte ich schon etwas Sorge, ob ich mich dabei wohl fühlen würde, aber ich muss sagen, ich habe die Zeit sogar oft genossen. Man bekommt noch einmal mehr das Familienleben mit. Außerdem war es eine super Gelegenheit, meine Englischkenntnisse zu verbessern, weil ich wirklich den ganzen Tag englisch gesprochen habe. Ich habe nicht rund um die Uhr gearbeitet, da hat meine Gastmama sehr drauf geachtet, aber ich war Zuhause und konnte dann auch mal kurzfristig einspringen und auf die Kinder aufpassen, wenn sie zum Beispiel spazieren gehen wollte.
Leider konnte ich in dieser Zeit auch nicht das „gewöhnliche“ Au Pair-Leben führen. Heißt, ich konnte keine Ausflüge machen und das Land erkunden. Doch ich habe mich sehr häufig mit einer Freundin zum Spazierengehen getroffen (Treffen in einer Gruppe war leider nicht erlaubt). Das hat wenigstens für etwas Abwechslung gesorgt und wir hatten trotzdem viel Spaß! Denn auch diese Einschränkungen hatten ein Ende und wir konnten uns auf die Zeit danach freuen, in der wir ein bisschen mehr Freiheiten hatten und mehr unternehmen konnten.
Aufgrund des Lockdowns habe ich auch Weihnachten und Ostern mit meiner Gastfamilie verbracht, so konnte ich diese Feste auch einmal in einem anderen Land kennenlernen und sehen, welche Unterschiede es gibt. In Irland wird Weihnachten zum Beispiel am 25. Dezember gefeiert und die Kinder bekommen morgens die Geschenke, die Santa in der Nacht gebracht hat.
Andere Länder, andere Sitten!
Generell ist es sehr interessant zu sehen, was für Unterschiede es in den verschiedenen Ländern gibt. So musste ich mich hier erst daran gewöhnen, auf der „falschen“, der linken Straßenseite zu fahren. Anfangs hatte ich immer ein komisches Gefühl im Bauch, aber das hat sich schnell gelegt und die Fahrweise ist zur Normalität geworden. Ebenso wie das Überqueren von Straßen bei einer roten Ampel :D. Obwohl die Iren eher bequeme Menschen sind, nehmen sie sich meistens nicht die Zeit zu warten, bis sie grün ist.
Die Iren sind so, so liebe Menschen! Sie sind alle so freundlich und lieb und nett und beim Spazierengehen bleibt man oft stehen, und macht etwas Smalltalk (nicht nur mit Leuten, die man kennt). Dass das normal ist, daran musste ich mich erst gewöhnen, aber das ist definitiv eines der Dinge, die ich zurück in Deutschland vermissen werde!
Weil dies ein Bericht über Irland ist, muss ich auch kurz übers Wetter sprechen (erstes Thema bei jedem Smalltalk!). Das Wetter ist oft so, dass man nicht langfristig planen kann. Es gibt Tage, da wechselt das Wetter alle fünf bis zehn Minuten. Aber es gibt auch Zeiten, in denen es über Tage oder Wochen konstant bleibt, doch das kann man nie wissen :D. Ob es dann Sonnenschein oder Regen ist, ist eine andere Sache…
Meine zweite Familie auf Zeit
Aber solange man in einer Familie lebt, mit der man sich wohl fühlt, ist das Wetter nebensächlich!
Und ich liebe meine Familie hier und mein neues Zuhause, das ich hier gefunden habe. Natürlich bin ich hier, weil ich hier arbeite, aber ich bin auch ein Teil dieser Familie und als solches fühle ich mich auch. Als Teil der Familie springt man auch mal am Wochenende und außerhalb der Arbeitszeit für eine Weile ein, um auf die Kinder aufzupassen, denn als Teil der Familie macht man auch mal Dinge, die „nicht zum Job gehören“ oder man hilft bei Haushaltsarbeiten, wenn man eigentlich gerade frei hat.
Heimweh hatte ich nie. Ich wurde hier so wundervoll aufgenommen und hatte schon nach einer Woche das Gefühl ich wäre seit Monaten bei der Familie und würde sie schon ewig kennen. Natürlich vermisst man seine Familie im Heimatland, aber ich denke, in der heutigen Zeit ist das nicht mehr ein so großes Problem. Man kann telefonieren und sogar Videoanrufe machen und kann sich so auf dem Laufenden halten ;).
Ich gebe zu, ich hatte ein wenig Schwierigkeiten damit, mit meinen Freunden in Deutschland in Kontakt zu bleiben. Natürlich schreibt man sich und telefoniert auch, der Kontakt ist nicht abgebrochen!! Aber wenn man so lange weg ist, erlebt man unterschiedliche Dinge und irgendwann wird der Unterschied so groß, dass man sich manches gar nicht mehr erzählt, weil man eben keine gemeinsamen Gesprächsthemen mehr hat. Deshalb ist es umso wichtiger, Freunde im Gastland zu finden! Dies kann man auf unterschiedlichen Wegen tun. Ich habe einfach die Agentur angeschrieben, mit der ich hier bin, und habe um ein paar Kontaktdaten in meiner Nähe gebeten. So habe ich meine wundervollen Freundinnen hier getroffen und es ist toll, jemanden zu haben, mit dem man sich auszutauschen kann. Jemanden, der das Gleiche erlebt wie man selbst und einen deshalb versteht. Außerdem ist es viel schöner gemeinsam mit anderen Ausflüge zu machen und das Land zu erkunden! Zusammen mit meinen Freundinnen hier habe ich viele Ausflüge unternommen, die mir für immer in Erinnerung bleiben werden.
Neue Freunde für’s Leben
Es ist auch aufregend, sich mit Einheimischen anzufreunden! Ich habe hier ein irisches Mädchen kennengelernt, die nur ein Dorf weiter wohnt. Wir treffen uns manchmal zum Spazierengehen oder einfach zum Kaffeetrinken. Es ist eine ganz andere Erfahrung, sich mit Leuten im eigenen Alter auf englisch zu unterhalten, da man dabei wieder ein paar neue Vokabeln kennenlernt, weil man sich über andere Themen, als zum Beispiel mit seinen Gasteltern, unterhält.
Mit meinen Gasteltern verstehe ich mich sehr gut, aber ich glaube, das hat man auch schon herausgehört. 😉 Ich habe so oft so tolle Gespräche mit meiner Gastmama. Wir können über alles reden! Ich denke, unsere Beziehung ist sehr ausgeglichen. Einerseits ist sie quasi meine Arbeitgeberin und ich bespreche mit ihr Dinge, die die Kinder betreffen, die den Haushalt betreffen, meine Arbeit beinhalten. Aber sie ist auch meine Freundin, mit der ich nach dem Abendessen bei einem Glas Wein über Gott und die Welt rede.
Mit meinem Gastpapa kann man sehr gut schweigen. 😀 Und das meine ich gar nicht im negativen Sinne! Er redet einfach nicht so viel, aber ich kann ihn immer Dinge fragen oder um Hilfe bitten. Zum Beispiel besorgt er immer frische Hefe, die ich zum Backen brauche. ;D In Irland findet man die nämlich nicht im Supermarkt!
Eine Sache, die ich definitiv mit meinen Gasteltern gemeinsam habe, ist unser Sinn für Humor. Wir können uns alle gegenseitig ärgern, ohne dass der andere es einem übel nimmt und das ist für mich sehr viel wert! 😀
Nicht zuletzt ist selbstverständlich die Beziehung zu den Kindern wichtig! Aber da gibt es bei uns auch keine Probleme. Als Au Pair ist man quasi eine Brücke zwischen Eltern und Kindern. Die Kinder können Dinge mit mir machen, die sie mit ihren Eltern nicht machen können, zum Beispiel auf dem Trampolin spielen oder mit Decken Höhlen bauen und sich dann gegenseitig mit Sockenpaaren abwerfen. Aber sie wissen auch, dass ich nicht nur zum Spielen da bin und ich ihnen auch sagen muss, wenn sie etwas zu tun oder zu lassen haben. Dass die Kinder diesen Unterschied verstehen und man selbst diesen Ausgleich schafft, ist wohl eine der größten Hürden als Au Pair, aber nach kurzer Zeit und mit Hilfe der Gasteltern und von anderen Au Pairs ist das meist kein Problem mehr! 😉
In diesem Sinne bedanke ich mich bei Dir, dass Du diesen Artikel gelesen hast und ich hoffe, ich konnte Dir einen guten Eindruck von meiner Arbeit und meinem Leben als Au Pair in Irland vermitteln. Und falls Du Dich dazu entschließt, auch ein Au Pair Jahr zu machen, dann beglückwünsche ich Dich, denn das ist meiner Meinung nach eine der besten Entscheidungen, die man im Leben treffen kann!
Liebe Grüße!
Bíoth lá maith agat!
(„Hab einen schönen Tag!“)
Lisa 🙂